Geplante Pflegereform 2023 – PUEG
Vor dem Hintergrund steigender Pflegekosten für Pflegebedürftige plant die Bundesregierung eine Reform der Pflege: Das „Gesetz zur Unterstützung und Entlastung in der Pflege“ bzw. Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz – PUEG tritt ab 1. Juli 2023 mit wichtigen Veränderungen in Kraft.
Es startet zunächst mit einer Erhöhung der Versicherungsbeiträge, um die Finanzgrundlage für ab Januar 2024 geplante Leistungsverbesserungen zu schaffen. Ab 1. Januar 2025 werden dann sämtliche Leistungsbeträge nochmals angehoben.
Von dem Maßnahmenpaket verspricht sich die Bundesregierung eine Stärkung der Pflege zu Hause, um den Anstieg der Pflegekosten in Heimen zu bremsen.
Die Pflegeversicherungsbeiträge steigen zum 1. Juli 2023
- um 0,35 Prozent auf 3,4 Prozent und
- für Kinderlose um 0,6 Prozent auf 3,4 Prozent.
- Mitglieder mit mehreren Kindern sollen ab dem zweiten bis zum fünften Kind in Höhe von 0,15 Beitragssatzpunkten je Kind entlastet werden.
Hintergrund ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom April 2022, das eine Beitragssatzdifferenzierung nach Kinderzahl geforderte.
Anhebung von Pflegegeld und Sachleistungen
Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass alle Pflegeleistungen erhöht werden, die im Kapitel 4 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) genannt werden. Also zum Beispiel auch Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen oder zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel.
Für die Pflege zuhause sollen Pflegegeld und Pflegesachleistungen zum 1.1.2024 um 5 Prozent angehoben werden. Betroffen können dann mit diesen Summen rechnen:
Pflegegeld
Pflegegrad | Pflegegeld ab 2024 |
1 | 0 |
2 | 331,80 € (statt 316 €) |
3 | 572,25 € (statt 545 €) |
4 | 764,40 € (statt 728 €) |
5 | 946,05 € (satte 901 E) |
Pflegesachleistungen:
Pflegegrad | Pflegesachleistungen ab 2024 |
1 | 0 |
2 | 760,20 € (statt 724 €) |
3 | 1.431,15 € (statt 1.363 €) |
4 | 1.777,65 € (statt 1.693 €) |
5 | 2.199,75 € (statt 2.095 €) |
Zum 1.1.2025 und zum 1.1.2028 sollen Geld- und Sachleistungen regelhaft in Anlehnung an die Preisentwicklung automatisch dynamisiert werden. Für diese langfristige Leistungsdynamisierung noch in dieser Legislaturperiode Vorschläge erarbeitet.
Bessere Unterstützung bei der Pflege durch Angehörige
Manchmal kommt die Pflege von Angehörigen kurzfristig und überraschend. In diesem Fall konnten Angehörige sich bisher einmalig pro Pflegebedürftigen bis zu 10 Tage von der Arbeit freistellen lassen. Den entgangenen Lohn übernahm die Pflegeversicherung in Form des Pflegeunterstützungsgeldes. Ab dem 01. Januar 2024 soll dieser Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld pro Kalenderjahr wiederkehrend bestehen. Pflegende Angehörige haben nun also die Möglichkeit, sich bei Bedarf jedes Jahr bis zu 10 Arbeitstage freistellen zu lassen.
Verhinderungspflege und Kurzeitpflege werden zusammengelegt
Auch bei der Verhinderungs- und Kurzzeitpflege wird es Veränderungen geben: Ab dem 01.01.2024 sollen die einzelnen Budgets für Verhinderungspflege (bisher 1.612 Euro pro Kalenderjahr) und Kurzzeitpflege (bisher 1.774 Euro pro Kalenderjahr) zu einem gemeinsamen Budget zusammengelegt werden. Der Gesamtbetrag von 3.386 Euro kann nun pro Kalenderjahr flexibel für Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege eingesetzt werden. Der umständliche anteilige Umwandlungsprozess entfällt, das Gesamtbudget kann künftig auch komplett für eine der beiden Leistungen eingesetzt werden.
Höhere Zuschüsse in der stationären Pflege
Die 2021 eingeführten Leistungszuschläge zu den Eigenanteilen der Heimbewohner und Heimbewohnerinnen an den Pflegekosten sollen steigen:
- Im ersten Jahr um zehn Prozentpunkte von fünf auf 15 Prozent,
- im zweiten Jahr um fünf Prozentpunkte von 25 auf 30 Prozent,
- im dritten Jahr um fünf Prozentpunkte von 45 auf 50 Prozent und
- ab dem vierten Jahr um fünf Prozentpunkte von 70 auf 75 Prozent.
Anspruch auf Leistungsübersicht
Neu ist auch, dass alle Versicherten eine halbjährliche Übersicht bei der Pflegekasse anfordern können, in der die Leistungen und Kosten aufgelistet werden müssen, die sie im letzten halben Jahr in Anspruch genommen haben. Das soll für mehr Transparenz sorgen und Versicherten die Möglichkeit geben, einzusehen, was die Leistungserbringer bei der Pflegekasse eingereicht haben.
Kritik am PUEG-Entwurf
Kritik zur Reform gibt es von verschiedenen Seiten. So fürchtet die Linksfraktion, dass die Beitragserhöhung Geringverdiener zu stark belasten wird und fordert, Höherverdienende mehr zur Kasse zu bitten.
Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek und Diakonie-Vorständin Maria Loheide vermissen Zuschüsse aus Steuermitteln, um die Defizite in den Pflegekassen stärker und früher aufzustocken.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (BPA) kritisiert die Maßnahmen als unzureichend, weil sie keine wirkliche Entlastung, mehr Bürokratie und keine Lösung für die wirtschaftliche Bedrohung der Heime liefern.
Auch der BIVA-Pflegeschutzbund erwartet von dem Gesetzesentwurf keine Verbesserung der Versorgung Pflegebedürftiger, weil die fehlenden Angebote in der Pflege und der Fachkräftemangel nicht angegangen werden. Die geplanten Zuschüsse würden vermutlich bald von weiteren Kostensteigerungen neutralisiert werden. Gefordert werden umfassende Strukturveränderungen: Die Pflegeversicherung müsse endlich hin zu einer Vollversicherung reformiert werden. Dabei sollten die Eigenanteile dauerhaft gedeckelt und die Leistungen der Pflegeversicherung dem Versorgungsbedarf entsprechend dynamisch angepasst werden.
Weitere Informationen zum Thema Pflege finden Sie in unserern Ratgebern, z. B. Jetzt mehr Pflegegeld erhalten, Fallen in Pflegeverträgen oder Ihre Ansprüche in der Pflege.