Eigentlich war die Antragsfrist für Geld aus einem Härtefallfonds für offene Rentenansprüche aus DDR-Zeiten am 30. September ausgelaufen. Doch nun wurde die Frist für die Antragstellung bis Ende Januar 2024 verlängert, denn bisher haben vergleichsweise wenige ihre Ansprüche geltend gemacht. Aus dem Härtefallfonds kann es auf Antrag bis zu 5.000 Euro als Einmalzahlung geben.
Die Hintergründe
Durch das Renten-Überleitungsgesetz von 1991 wurden viele Menschen benachteiligt, deren Ansprüche aus der DDR nun nicht mehr galten. Da betrifft z. B. all jene Berufsgruppen, die Anspruch auf eine Zusatzrente hatten und diese „verloren ging“, z. B. Angestellte bei der Bahn und Post, des Gesundheitswesens oder der Braunkohle-Industrie. Ebenso benachteiligt wurden Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion sowie zu DDR-Zeiten geschiedene Frauen.
Für Frauen im Osten gab es nach einer Scheidung keinen Versorgungsausgleich. Auch Frauen, die für die Kindererziehung oder für die Pflege von Angehörigen ihre Arbeitszeit reduzierten, erhielten hierfür keinen Ausgleich. Das war auch kein Problem, weil das DDR-Rentensystem dies ausglich. Mit der Rentenüberleitung verloren viele Frauen dann nachträglich bis zu 1/3 ihrer Rentenansprüche, da in der DDR nur die letzten 20 Berufsjahre zählten, im Westen das ganze Arbeitsleben. Heute erhalten 50 Prozent der Frauen, die in der DDR geschieden wurden, eine Rente unterhalb der Armutsgrenze
Härtefall-Fond eingerichtet
500 Millionen Euro stellt der Bund für einen Härtefall-Fond zur Verfügung, aus denen auf Antrag Betroffene mindesten 2.500 Euro als Einmalzahlung erhalten sollen. Die neuen Bundesländer wurden angeregt, einer Stiftung beizutreten und zusätzliches Geld einzuzahlen, sodass die Leistungen verdoppelt werden können. Thüringen ist eines der wenigen Bundesländer, die ihren Beitritt erklärt haben, allerdings unter dem Vorbehalt einer entsprechenden Ausgabeermächtigung im Landeshaushalt 2024. Zum Bundesanteil der Einmalzahlung in Höhe von 2.500 Euro kämen bei Anspruchsberechtigung dann jeweils weitere 2.500 Euro an Landesmitteln hinzu. Die Zahlung für die Berechtigten würde sich damit auf eine Gesamtsumme von 5.000 Euro erhöhen. Auch Mecklenburg-Vorpommern hat einem Beitritt zugestimmt.
Mühsamer Weg
Die Einführung des Härtefall-Fonds ist der Hartnäckigkeit einiger Betroffener und dem Engagement einzelner Bundestagsabgeordneter zu verdanken. Der „Runde Tisch Rentengerechtigkeit“ geht von ca. 500.000 Betroffenen aus, die durch das Renten-Überleitungsgesetz von 1991 benachteiligt wurden. Um die Ungerechtigkeit auszugleichen, wurden 10.000 bis 20.000 Euro je Betroffene gefordert – als ein Vielfaches der Summe, die der Härtefall-Fond nun in Aussicht stellt.
Der „Runde Tisch Rentengerechtigkeit“ kritisierte bei der Einführung des Härtefall-Fonds, man gestehe nun seitens des Bundes zwar grundsätzlich die berechtigen Ansprüche ein, weigere sich dann aber erneut, allen Berechtigten wenigsten eine angemessene Entschädigung zu gewähren.
Bisher weniger Anträge als erwartet
Bisher haben vergleichsweise wenige Betroffene ihre Ansprüche geltend gemacht, trotz das die bisherigen Öffentlichkeitsmaßnahmen über den Sommer 2023 weiter intensiviert worden sind. Dies kann zum einen daran liegen, dass noch nicht alle Berechtigten durch die Öffentlichkeitsmaßnahmen erreicht worden seien, zum anderen könnte es aber auch an den harten Kriterien liegen.
Der Linken-Ostbeauftragte Sören Pellmann begrüßte zwar die Ankündigung der Bundesregierung, kritisiert jedoch: „Wenn die Kriterien des Härtefallfonds nicht gelockert werden, bringt mehr Zeit wenig.“ Voraussetzung für die Einmalzahlung ist nämlich unter anderem die Bedürftigkeit, also Renten in der Nähe der Grundsicherung. Pellmann forderte daher einen „Gerechtigkeitsfonds“ und Entschädigungen für alle betroffenen Ostrentner.
Anerkennung an Bedingungen geknüpft
Ansprüche auf Zusatz-Renten von immerhin 17 Berufsgruppen kommen nur zur Geltung, wenn die Betroffenen zum jetzigen Zeitpunkt bedürftig sind, d. h. eine Rente in der Nähe der Grundsicherung erhalten.
Bei geschiedenen Frauen gilt als Voraussetzung, dass die Ehe mindestens 10 Jahre bestanden haben muss und Erziehungszeiten für mindestens ein Kind gelten. Zudem muss die Ehe zwischen dem 1.7. 1977 bis 31.12.1991 geschieden worden sein. (Hintergrund: Der Versorgungsausgleich im Westen wurde am 1.7.1977 eingeführt. Frauen, die dann geschieden wurden, erhielten Entgeltpunkte vom Partner, weil sie z. B. die eigene Berufstätigkeit zugunsten der Familie reduzierten.) Die Bedingungen schließen jedoch viele Frauen aus.
Letztlich ist der Härtefall-Fond weit davon entfernt, alle Ungerechtigkeiten abzumildern. Und für viele kommt der Fond zu spät. Ursprünglich waren es 800.000 betroffene Frauen, von denen in den vergangenen über 30 Jahren viele verstorben sind. Ähnlich dürfte sich bei den anderen Anspruchsberechtigten abzeichnen.
So funktioniert der Härtefall-Fond
Voraussetzungen zum Erhalt der Einmalzahlung für Personen aus der Ost-West-Rentenüberleitung:
Die Personen sind vor dem 2. Januar 1952 geboren UND haben am 1. Januar 2021 eine oder mehrere Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung von insgesamt weniger als 830 Euro netto (nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung) bezogen UND
- wurden entweder nach mindestens 10-jähriger Ehe nach DDR-Recht geschieden und haben in der Ehe mindestens ein Kind erzogen oder
- ihre Rente (Altersrente, Erwerbsminderungsrente oder Erziehungsrente) hat nach dem 31. Dezember 1996 begonnen und sie haben in der ehemaligen DDR (längstens bis zum 31. Dezember 1991) eine dieser fünf Situationen durchlebt:
- mindestens 10 Jahre ununterbrochen bei der Deutschen Reichsbahn, der Deutschen Post oder im Gesundheits- und Sozialwesen gearbeitet oder
- mindestens 4 Jahre lang Familienangehörige gepflegt und deshalb ihre Beschäftigung vollständig aufgegeben oder
- mindestens 5 Jahre lang in einer „bergmännischen Tätigkeit“ im Sinne des DDR-Rechts in der Carbochemie/Braunkohleveredelung gearbeitet oder
- ihre Beschäftigung aufgegeben, weil Sie für insgesamt mindestens 10 Jahre mit Ihrem Ehegatten für einen dienstlichen Aufenthalt in das Ausland gereist sind oder
- nach Beendigung ihrer aktiven Laufbahn als Balletttänzerin oder Balletttänzer am 31. Dezember 1991 eine berufsbezogene Zuwendung bezogen
Anspruchsberechtigt sind auch Spätaussiedler und jüdische Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion (Kontingentflüchtlinge).
Anspruch: einmalig 2.500 Euro bzw. 5.000 Euro, wenn sich die jeweilige Landesregierung beteiligt.
Antragsfrist: jetzt neu bis 31.01.2024 – danach werden keine Anträge mehr akzeptiert
Auszahlung: ab 2024
Anträge: Zuständig ist die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See, Tel. 0800 100 04 80 80, www.deutsche-rentenversicherung.de/KnappschaftBahnSee/DE/Home
Infos und Auskünft:
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