Pflege in Corona-Zeit

Pflege in der Coronazeit

 

Aktuelle Gesetzesänderungen zur Pflege in Corona-Zeiten

Durch die Corona Krise hat sich die Situation auch in der häuslichen Pflege zum Teil dramatisch verschärft. Mit dem „Zweiten Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ (am 23. Mai in Kraft getreten) hat der Bundestag auf die kritische Lage reagiert. Mit diesem Gesetz werden die Hilfen für pflegende Angehörige angepasst und damit verschiedene Erleichterungen und Vereinfachungen eingeführt.

Änderungen bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung in der Zeit der Corona-Krise

Tritt ein akuter Pflegefall auf, haben Beschäftigte normalerweise das Recht auf eine Auszeit von ein bis zehn Arbeitstagen, um die Pflege zu Hause zu organisieren (kurzzeitige Arbeitsverhinderung). Arbeitgeber sind innerhalb dieses Zeitraums verpflichtet, betroffene Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen. Während der Corona-Pandemie wird bis zum 30. September 2020 dieser Anspruch auf bis zu 20 Arbeitstage verlängert. Hierfür benötigen Sie eine Bestätigung z. B. der Pflegeeinrichtung, die vorübergehend geschlossen wurde, des Pflegepersonals, welches coronabedingt ausgefallen ist oder auch eine Bestätigung des behandelnden Arztes.

Wichtig:

  • Sie können den Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld mehrmals geltend machen. Allerdings werden die Arbeitstage, die Sie bereits genutzt haben, von den 20 Tagen abgezogen.
  • Es ist auch möglich, sich die Arbeitsverhinderung z. B. unter Geschwistern aufzuteilen.
  • Beschäftigte müssen vorher NICHT die noch vorhandenen Urlaubsansprüche nutzen.
  • Alle Arbeitnehmer haben darauf ein Recht auf Pflegeunterstützungsgeld unabhängig von der Größe des Unternehmens. Eine bestimmte Ankündigungsfrist gibt es nicht, jedoch müssen Sie Ihrem Arbeitgeber den Verhinderungsgrund und die voraussichtliche Dauer mitteilen.

Eine Lohnfortzahlung während der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung gibt es nur, wenn diese ausdrücklich im Arbeitsvertrag oder als Ergänzung dazu vereinbart wurde.

Bekommen Sie keine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber, zahlen die Pflegekassen für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung ein Pflegeunterstützungsgeld, welches 90 Prozent des ausgefallenen Netto-Entgelts beinhaltet. Sie müssen es bei der Pflegekasse des pflegebedürftigen Angehörigen unverzüglich beantragen.

 

Änderungen für die Familien- und Pflegezeit bis zum 30. September

Arbeitnehmer können bis zu 6 Monate vollständig (Pflegezeit) bzw. bis zu 2 Jahre teilweise (Familienpflegezeit)aus dem Job aussteigen, um einen pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause zu pflegen. Dies gilt generell für Betriebe mit mehr als 25 Mitarbeitern.

Wer die Familienpflegezeit noch nicht oder noch nicht vollständig genommen hat, kann sie aufgrund der Erleichterungen durch die Corona-Pandemie bis zum 30. September nun flexibler in Anspruch nehmen.

So kann z. B. die Mindestarbeitszeit von 15 Stunden in der Woche der Familienpflegezeit für einen Monat unterschritten werden.

Haben Sie die Pflegezeit oder Familienpflegezeit bislang noch nicht vollständig ausgeschöpft, dann können Sie, mit Zustimmung Ihres Arbeitgebers, kurzfristig Restzeiten dieser Freistellungen in Anspruch nehmen. Die Gesamtdauer von 24 Monaten darf jedoch nicht überschritten werden und die genommene Zeit muss am 30. September 2020 beendet sein. Erkundigen Sie sich frühzeitig bei der Pflegekasse nach Ihrer Restzeit.

Normalerweise können Beschäftigte für denselben pflegebedürftigen Angehörigen nur einmal eine Pflegeauszeit (Familien- und/oder Pflegezeit) in Anspruch nehmen. Durch die gesetzlichen Änderungen ist es jetzt vorübergehend möglich, beruflich erneut für die Pflege des Angehörigen kürzer zu treten. Der Arbeitgeber muss hierbei zustimmen.

Vorübergehend ist die Bestimmung, dass die Familienpflegezeit unmittelbar an die Pflegezeit anknüpfen muss, aufgehoben. Voraussetzungen sind, dass die Gesamtzeit von 24 Monaten nicht überschritten wird und die Freistellung mit Ablauf des 30. September 2020 endet. Der Arbeitgeber muss hier zustimmen.

Für eine Familienpflegezeit, die spätestens am 1. September 2020 beginnt, ist die Ankündigungsfrist beim Arbeitgeber auf 10 Tage vor Beginn der Familienpflegezeit verkürzt. Sie muss beim Arbeitgeber in Textform (Brief, Fax, Email, SMS oder WhatsApp) angekündigt werden, eine echte Unterschrift ist nicht zwingend notwendig. Auch die weiteren Ankündigungen und Vereinbarungen, zum Beispiel über die Mindestarbeitszeit, können in solcher Textform erfolgen.

Um den geringeren Lohn auszugleichen, kann ein Darlehen beantragt werden. Hierbei werden bis zum 30. September 2020 pandemiebedingte Einkommensausfälle (z. B. durch Kurzarbeit usw.) bei der Ermittlung der Darlehenshöhe auf Antrag nicht berücksichtigt.

Planen Sie rechtzeitig und achten Sie auf die Fristen!

Änderungen bei der Kurzzeitpflege

 Kann Ihr Angehöriger nicht zu Hause gepflegt werden, so haben Sie die Möglichkeit, ihn in der stationären Kurzzeitpflege unterzubringen. Normalerweise zahlt die Pflegekasse dann bis zu 1612 Euro und übernimmt die Kosten für acht Wochen im Jahr.

Um Engpässe zu überbrücken, finden Sie derzeit Kurzzeitpflegeplätze auch in Einrichtungen der Rehabilitation und in Krankenhäusern.

Wenn die Kurzzeitpflege für maximal 8 Wochen im Jahr in Einrichtungen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation erbracht wird, übernimmt die Pflegekasse bis zum 30. September 2020 einen höheren Betrag – und zwar von bis zu 2418 Euro (statt 1612 Euro).

 Änderungen bei den Ersatzleistungen

 Für stundenweise Betreuung durch einen Pflege- oder Betreuungsdienst und weitere Entlastung im Alltag könnten Sie den Pflege-Entlastungsleistungen in Anspruch nehmen. Der Entlastungsbetrag kann genutzt werden für:

  • Tages- und Nachtpflege, auch für die Kosten für Unterkunft, Mahlzeiten und Investitionen
  • Kurzzeitpflege
  • Leistungen von ambulanten Pflegediensten:
    Personen mit Pflegegrad 1 können sämtliche notwendigen Leistungen eines Pflegedienstes mitfinanzieren.
    In den Pflegegraden 2 bis 5 sind körperbezogene Pflegemaßnahmen, wie das Waschen und Anziehen, ausgenommen. Diese dürfen ausschließlich mit den Pflegesachleistungen finanziert werden. Der Entlastungsbetrag steht lediglich für zusätzliche Unterstützung zur Verfügung, wie etwa Hilfe im Haushalt und Alltagsgestaltung.
  • Angebote zur Unterstützung im Alltag bei Anbietern, die nach Landesrecht zugelassen sind, z.B. haushaltsnahe Dienstleistungen, Gruppenangebote, Alltags- und Pflegebegleiter.

Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 dürfen bis zum 30. September den Entlastungsbetrag auch für die Inanspruchnahme anderer Hilfen im Wege der Kostenerstattung einsetzen, wenn dies zur Überwindung von infolge der Corona-Krise verursachten Versorgungsengpässen erforderlich ist.

„Andere Hilfen“ können sowohl professionelle Angebote als auch  nachbarschaftliche Hilfe sein.

An den Nachweis gegenüber der Pflegekasse zur Erstattung der Kosten sollen die Pflegekassen im Interesse einer zügigen und unbürokratischen Abwicklung keine überhöhten Anforderungen stellen.

Diese Erweiterung gilt nur für Pflegebedürftige im Pflegegrad 1. Pflegebedürftige in den Pflegegraden 2 bis 5 sind weiterhin an die oben genannten Einschränkungen gebunden.

Außerdem können Sie Leistungen aus dem Jahr 2019, die Sie noch nicht ausgegeben haben, in diesem Jahr bis Ende September (statt Juni) 2020 in Anspruch nehmen. Diese gilt für Pflegebedürftige aller Pflegegrade.

Pflegehilfsmittel

 Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel gibt es normalerweise 40 Euro im Monat. Die Kostenerstattung dieser Hilfsmittel ist zum 1. April 2020 auf 60 Euro erhöht worden. Auch diese Änderung gilt bis zum 30. September 2020. Für Sie ist hier das Kaufdatum oder der Tag, an dem die Pflegehilfsmittel geliefert wurden, entscheidend.

Wichtig:

Nutzen Sie das Angebot der Pflegeberatung, um sich für Ihre individuelle Lage Hilfe zu holen. Die Angebote sind telefonisch und digital erreichbar. Ansprechpartner sind Pflegekassen, die Pflegestützpunkte der Bundesländer sowie die Angebote der Kommunen und Wohlfahrtsverbände. Eine bundesweite Datenbank mit Adressen finden Sie bei der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege.

Beachten Sie bitte auch unsere Ratgeberbroschüren zum Thema Gesundheit und Pflege.